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Indische Mädchen stärken: Schule satt Kinderarbeit in Karnataka

Nach sechs Jahren Förderung durch die Gemeinschaftsstiftung terre des hommes hat sich die Welt für die Mädchen in 40 Dörfern Südindiens verändert. Sie gehören mit ihren Familien zu den niedrigen Kasten und leben unter schwierigsten Bedingungen. Traditionell haben sie als Mädchen geringere Lebenschancen als ihre Brüder.  

Seit 2006 arbeitet die terre des hommes-Partnerorganisation ASARE in diesen Dörfern. Schon bald wendete sich das Blatt für die Mädchen: Mehr als 500 von ihnen, die die Schule abgebrochen hatten, konnten wieder in die Schule gehen. 350 Mädchen und junge Frauen wurden besonders gefördert, sie lernen diskutieren, um ihre Rechte einzufordern, üben Rollenspiele ein, singen und tanzen gemeinsam. Heute beteiligen sich die Mädchen mit neuem Selbstbewusstsein immer mehr am kulturellen Leben.

Die Verbesserungen für Mädchen sind nur möglich geworden, weil ihre Mütter sich verändert haben. Die Mitarbeiterinnen von ASARE hatten die Frauen zunächst mit Angeboten zur Kinderbetreuung aus der traditionellen Zurückgezogenheit ihrer Hütten gelockt. Der nächste Schritt war die Gründung von Gruppen, die Kleinkredite nutzten, um zum geringen Familieneinkommen beizutragen.  Die Frauen lernten mit Seidenraupenzucht und der Verarbeitung von Obst und Gemüse zu Sirup und Tomatenketchup ein höheres Einkommen zu erwirtschaften. Die  positive Auswirkung auf die Familienkasse überzeugten auch die Männer von dem neuen Weg.

Schon bald engagierten sich die Frauen von Karnataka weit über den häuslichen Bereich hinaus. Sie begannen kritisch zu beobachten, was in Schulen und Behörden passierte und gingen gegen unfähige Lehrer und korrupte Beamte vor. Mit Erfolg: Der Unterricht wurde besser und die Verwaltung zahlte mehr Sozialleistungen aus. ASARE unterstützte die Frauen auch darin, sich kommunalpolitisch zu engagieren – was vor zehn Jahren noch völlig undenkbar gewesen wäre.

Die Kinder setzen sich seither in »Kinderclubs« für ihre Rechte ein. Inzwischen besuchen fast alle Mädchen dieser Region die Schule. Die meisten Dörfer der Projektregion sind heute frei von Kinderarbeit, und die Kinderheiraten gingen enorm zurück. »Es ist  mein höchstes Ziel, dass die Mädchen erst mit 18 und nicht mehr mit 14 Jahren heiraten.« erklärte Nagarathna, die engagierte Geschäftsführerin von ASARE, auf der Stifterversammlung im Juni 2009. Bis Ende 2011 ist ihr Ziel fast erreicht: Unter drei Prozent Kinderheiraten wurden im Projektgebiet zuletzt noch gezählt. Immer mehr Mädchen besuchen stattdessen eine weiterführende Schule.

Die Spar- und Kreditgruppen der Frauen sind heute fest etabliert und aus dem Dorf nicht mehr weg zu denken. Überregional sind sie als »Women’s Empowerment Forum« organisiert.  Jede Gruppe zahlt einen Beitrag für die Fortbildungen und hilft Gruppen in Nachbardörfern dabei, ihre Belange durchzusetzen.

»Nur dank der Unterstützung durch die terre des hommes-Stiftung konnte ASARE diese Veränderungen für abgelegene Dorfgemeinschaften auf dem Land anstoßen«, betont Nagarathna rückblickend. »Die Frauengruppen arbeiten weiterhin zusammen. Sie entwickeln immer mehr Stärke und wundervolle Ideen, um ihre Ziele zu erreichen. Das macht mich glücklich.«