Memory Work

Memory Book

Mit Hilfe der Erinnerung wird ein Prozess in Gang gesetzt: Das Erzählen und Aufzeichnen der eigenen Biografie sowie das aktive Zuhören und das einfühlende Nachfragen. Es gibt verschiedene Methoden der Memory Work:
In den Memory Books notieren HIV-positive Eltern das, was sie bewegt. Vielleicht, wie die jüngste Tochter als Kleinkind war, vielleicht, wie der Sohn in der Schule mitarbeitet. Alles, was den Eltern wichtig erscheint, um die Erinnerung an sie wach zu halten. Ein anderer Ansatz ist die kreative Arbeit. Mit Bildern, Steinmetzarbeiten und Theaterstücken, können hier Kinder ihren Gefühlen ein Ventil geben. Das ist der erste Schritt zur Verarbeitung der prägenden Erlebnisse ihrer Kindheit. terre des hommes legt bei der Projekt-Arbeit mit HIV-positiven Menschen einen Schwerpunkt auf diese Form der Unterstützung. Mitarbeiter werden geschult, Gespräche mit traumatisierten Kindern zu führen. Künstler werden engagiert, um mit den Kindern kreativ zu arbeiten. Denn oftmals ist das die einzige Chance für diejenigen, die Angehörige durch Aids verloren haben, trotz aller traumatischen Erlebnisse ihr Leben in die Hand zu nehmen.

Body Map

Beim Body Mapping wird der eigene Körper als Projektionsfläche der Erinnerung benützt. Die lebensgroßen Konturen zeichnen den Umriss des Körpers, der so gestaltet wird, dass er eine individuelle Landkarte der Biografie darstellt. Bei dieser Übung braucht es zwei Personen: eine, die sich auf die Unterlage aus Papier und Karton legt und die andere, die die Körperkonturen mit einem Stift oder Kreide nachzieht. Konfrontiert mit dem Umriss des eigenen Körpers werden Erinnerungen, die im Körper gespeichert sind, wachgerufen und durch die Gestaltung auf der Körperkonturkarte ausgedrückt. Die Konturen des Körpers lebensgroß auf einer Unterlage zu umfahren ist ein altbekanntes Erinnerungswerkzeug, das in ganz verschiedenen Zusammenhängen eingesetzt wurde und wird. Dabei wird meist eine Momentaufnahme festgehalten, die dabei helfen soll, eine spezifische Situation in ihrem ganzen Ausmaß zu erfassen, mit dem Ziel sie zu verstehen und eventuell Schlüsse über den möglichen Hergang zu entwickeln (zum Beispiel Körperkonturmarkierungen bei Unfällen und Verbrechen). Body Mapping ist ein wirkungsvolles therapeutisches Instrument, das sehr tiefgreifende Prozesse auslösen kann und die Gestaltenden stark beansprucht. Begleiterinnen von Body Mapping müssen darauf vorbereitet sein, dass diese Arbeit heftige Reaktionen auslösen kann und möglicherweise erlebte Körperwahrnehmungen, Übergriffe, Schmerz- und Gewalterfahrungen wieder heraufbeschwört.

Hero Book

Das Hero Book ist das Produkt eines Prozesses, bei dem ein Kind gleichzeitig die Rolle des Autors, Illustrators, Protagonisten und Produzenten einnimmt. Kinder werden in Gruppen zu kreativen Übungen und autobiographischem Geschichtenerzählen angeleitet. Der Fokus liegt auf persönlichen Problemen und Herausforderungen, gleichzeitig wird auch die sozialpolitische Dimension angesprochen, weil die Probleme auch andere Kinder betreffen und ihre Ursachen in der Gesellschaft zu finden sind. Am Ende des Prozesses besitzt das Kind ein eigenes, handgebundenes Buch, das seine Geschichte erzählt und heldenhafte Überlebens- und Widerstandsfähigkeiten hervorhebt und bestärkt. Gleichzeitig wird die Aufmerksamkeit auf tieferliegende soziale Themen gelenkt. Hintergrund dieser Methode ist die Stigmatisierung von Kindern und Jugendlichen, deren Eltern HIV-positiv oder an Aids gestorben sind. Dies reicht von Hänseleien der Gleichaltrigen bis zur Vertreibung oder Ausbeutung durch Verwandte, Nachbarn oder Pflegeeltern. Der Hero-Book-Prozess ist eine psychosoziale Intervention: Die Psyche wird angesprochen, indem Ängste thematisiert werden und Momenten nachgespürt wird, in denen es gelungen ist, diesen Monstern zu begegnen und Schwierigkeiten zu überwinden. Diese Umgangsweise wird im Verlauf des Prozesses gestärkt. Der Austausch mit anderen bindet das Soziale in den Prozess ein.

Memory Box

Die Memory Box ist eine Art Schatzkästchen, in dem wichtige Gegenstände, Erinnerungsstücke und Dokumente aufbewahrt werden. Diese geben Auskunft über die Identität einer Person, erinnern an eine (verstorbene) Person oder erzählen eine Geschichte. Memory Boxen können aus Karton, Holz, Metall oder einem beliebigen Material hergestellt, bemalt und dekoriert werden. Die Bezeichnung Memory Box ist die Vergegenständlichung einer Methode, die von Aids betroffenen Kindern und Jugendlichen hilft, sich auf eine positive Art und Weise an die früh verstorbenen Eltern zu erinnern, die ihnen die Kraft gibt, trotz allem aufzuwachsen. Die in der Box gesammelten und aufbewahrten Gegenstände und Fotos erzählen eine eigene Geschichte, die durch Sehen und Berühren unmittelbar erfahrbar wird. Memory Boxen können auch wichtige Dokumente, Nachrichten und Briefe enthalten. Die Seiten einer Box können bemalt, beschriftet, beklebt und dekoriert werden und so die eigene Lebensgeschichte erzählen. Der Vergleich zu einer Schatzkiste liegt nahe, umso mehr als im Umfeld von Armut und Not die Memory Box auch ein Erbe darstellt, das den Kindern als reeller Besitz hinterlassen werden kann.