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Alltagstauglich

Praktische Alltagshilfe: Deutschunterricht

Mindestens zweimal in der Woche setzt sich Lutz Beisel ins Auto und fährt ins acht Kilometer entfernte Tuttlingen, um Flüchtlingen Deutschunterricht zu geben. »Das mach ich gern. Als Gründer von terre des hommes Deutschland weiß ich aus unseren Projekten, welchen Strapazen sich Menschen auf der Flucht aussetzen. Ihnen beim Einleben zu helfen, bereitet mir große Freude«, sagt der 77-Jährige. Beisel ist einer von vielen terre des hommes-Freunden und  -Freundinnen, die sich um Flüchtlingskinder und ihre Familien kümmern.

Als im Herbst 2014 Menschen gesucht wurden, die sich um die zugewiesenen Flüchtlinge im Kreis Tuttlingen kümmern, zögerten Lutz Beisel und seine Frau nicht. Es ging um die 13-köpfige Familie Obeida aus Syrien: Vater, Mutter und elf Kinder − das jüngste wurde noch gestillt, das älteste war gerade erwachsen geworden. Sich zurechtfinden in der neuen Umwelt mit kaltem Wetter und einer unverständlichen Sprache und den Familienalltag organisieren ist nicht einfach. Das Zusammenleben mit Familien aus vier weiteren Nationen in einer gemeinsamen Küche machten das Einleben zusätzlich kompliziert.

Das Ehepaar Beisel hilft den Obeidas im neuen Alltag beim Umgang mit Behörden, organisierte die Einschulung in verschiedene Vorbereitungsklassen oder der Aufnahme zweier Kinder in den Kindergarten. Mit den schulpflichtigen Kindern übten sie den Schulweg ein. Mehrmals in der Woche fährt Lutz Beisel zu ihnen, gibt Deutschunterricht mit selbstentwickeltem Lehrmaterial und hilft bei den Hausaufgaben.

Den eingeschüchterten sechsjährigen Mahmoud nahm Frau Beisel zweimal in der Woche mit zu sich nach Hause, rechnete mit ihm mit Hilfe von Kastanien, brachte ihm unsere 26 Buchstaben bei, benannte Dinge und Tätigkeiten beim deutschen Namen und spielte mit ihm Memory.  Mittlerweile ist er munter und aufgeschlossen, die Lehrerin in der ersten Klasse muss ihn sogar gelegentlich bremsen.

Inzwischen wechselte die Großfamilie zweimal die Wohnung. Eine bezahlbare Wohnung musste am schwierigen Wohnungsmarkt erst einmal gefunden werden. In der Übergangszeit ersetzte Familie Beisel mit ihrem Auto den nicht existierenden Schulbus.

Das sind nur Beispiele aus der großen Palette der Aufgaben, denen sich die ehrenamtlichen terre des hommes-Mitarbeiter gegenüber sehen, die sich vor Ort um Flüchtlinge kümmern. Doch der Erfolg, wenn Hindernissen überwundern wurden und das Erleben von Entwicklung und die Dankbarkeit der Obeidas sind für den 77-Jährigen Gründer von terre des hommes Deutschland und seine Frau ein großer Lohn.